Das hier ist Professor Ash. Er hat sich schon immer gefragt, wie groß der Einfluss von Gruppendruck
auf unser Verhalten ist. Deswegen beschließt er, das Ganze in einem Experiment zu erforschen.
Dazu erzeugt er eine Situation, in der eine Versuchsperson mit dem Druck einer Gruppe
konfrontiert ist. Hierbei sind alle Personen männliche College-Studenten. Ash verwendet
7-8 eingeweihte Teilnehmer, denen er vorgibt, wie sie sich verhalten sollen. Dazu kommt
eine tatsächliche Versuchsperson. In unserem Fall ist das Tim.
Tim weiß nichts von dem wahren Ziel des Experiments, sondern denkt, er nimmt zusammen mit den anderen
im Raum an einer Studie zu visueller Einschätzung teil. Die Aufgabe, die Ash seinen Teilnehmern
gibt, ist recht simpel. Sie sollen die Längen verschiedener Linien vergleichen. Dazu gibt
es zwei Karten. Auf Karte 1 sieht man eine einzelne Linie, auf Karte 2 die drei Vergleichslinien
A, B und C. Eine der drei Vergleichslinien hat die gleiche Länge wie die auf der ersten
Karte. Die Teilnehmer sitzen in Reihen vor Ash, Tim sitzt ganz am Ende. Sie sollen die
Linien mit der gleichen Länge ausmachen und dabei nacheinander ihr Ergebnis laut aussprechen.
Hierbei gibt es mehrere Durchgänge. Kein Problem, denkt sich Tim. Das ist ja wirklich
einfach. Die ersten zwei Durchgänge lang stimmen auch alle Antworten überein. Aber ab dem dritten
Durchgang passiert etwas Seltsames. Alle außer Tim geben plötzlich eine offensichtlich falsche
Antwort. Tim ist verwirrt. Hat er sich etwa getäuscht? Vielleicht stimmt etwas mit seinen
Augen nicht. Er wird nervös und kurz bevor er an der Reihe ist, beschließt er sich der Mehrheit
anzuschließen. Die anderen werden schon Recht haben und ich möchte mich nun wirklich nicht
blamieren, denkt Tim. In seiner Studie fand Ash heraus, dass 76 Prozent der Teilnehmer,
genau wie Tim, mindestens einmal konform gingen und eine falsche Antwort gaben. Bei seiner
Kontrollstudie ließ Ash alle Teilnehmer einfach die Längen der Linien ganz normal einschätzen
und es ergab sich eine Fehlerquote von weniger als einem Prozent. Es konnte also nicht daran
liegen, dass die Aufgabe zu schwer war. Als Ash und Tim sich nach der Studie noch einmal unterhielten,
erzählte Tim, dass er die Situation in der Studie ziemlich beunruhigend fand. Ash meinte
zu ihm, dass er nicht der Einzige war, der sich von der Situation beirren ließ. Manche
versuchten auch, die Karten aus anderen Winkeln zu betrachten, indem sie ihren Kopf drehten oder
sogar aufstanden. Tims Gedanken kreisten noch ziemlich lange um das Experiment, denn er war
sehr beeindruckt von den Ergebnissen. Als er viele Jahre später wieder einmal daran dachte,
begann er zu recherchieren, was eigentlich sonst noch so zu dem Thema erforscht wurde,
und stieß dabei auf viele interessante Fakten. Es war anscheinend die Angst davor,
aus der Gruppe herauszustechen, die ihn dazu verleitet hat, mit der offensichtlich falsch
liegenden Mehrheit konform zu gehen. Das erkannte er an einer Folgestudie, bei der nur eine einzige
Person in der Gruppe eingeweiht war und eine falsche Antwort gab. Im Gegensatz zu der Originalstudie
wurde diese dann von den anderen Teilnehmern belächelt und teilweise sogar verspottet.
Außerdem entdeckte er, dass es auch einen Unterschied macht, ob er seine Antwort laut
aussprechen muss. Denn wer keine Angst haben muss, sich öffentlich zu blamieren,
geht weniger oft konform. Tim fand bei seiner Recherche noch viele weitere Faktoren,
die einen Einfluss auf Konformität haben, wie zum Beispiel die Größe der eingeweihten Mehrheit,
ob alle Personen die gleiche falsche Antwort geben und wie offensichtlich falsch die Antworten der
Mehrheit sind. Aber besonders fasziniert hat ihn eine Internetseite mit Fun-Facts zu Konformität.
Dort erfuhr er beispielsweise, dass junge Leute eher konform gehen als ältere. Außerdem ist die
Konformität in kollektivistischen Ländern, wie zum Beispiel China, höher als in individualistischen
wie den USA. Tim lernte auch, dass Frauen eher Konformität zeigen als Männer. Des Weiteren hat
die Konformität insgesamt in den letzten Jahrzehnten anscheinend deutlich abgenommen.
Mittlerweile lassen sich die Menschen nicht mehr so sehr von der Mehrheit beeinflussen,
wie noch in den 1950er Jahren, als er damals an Ash's Studie teilnahm.
Nachdem er jetzt viel Spannendes zu Konformität gelesen hat, fragte sich Tim aber immer noch,
was sich eigentlich die anderen Teilnehmer bei der Studie so gedacht haben. Zum Glück
hat Ash das damals alles genau dokumentiert, also begann Tim in den Aufzeichnungen nachzulesen.
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:08:45 Min
Aufnahmedatum
2022-01-28
Hochgeladen am
2022-01-28 14:16:04
Sprache
de-DE
Urheber:innen:
Flora, Johanna, Timon, Clara, Samira